Viele religiöse Gemeinschaften beziehen sich mit ihrer Praxis auf als heilig geltende Texte. Diese sind gleichwohl auslegungsbedürftig, und die Wahl des methodischen Instrumentariums kann prekär werden, wenn die Legitimität nicht-religiöser Interpretationstechniken in Frage gestellt wird. Im Mittelmeerraum trafen Auslegungsverfahren der hellenistischen Kultur mit jüdischen und christlichen Hermeneutiken zusammen. Begegnungen, Konflikte und Abgrenzungsversuche führten zu neuen oder klarer definierten Textsorten, Formen und Methoden der Auslegung, die durchaus auch in Synthesen kulminieren konnten. Dabei bedurfte der Umgang mit heiligen Texten nicht nur gebildeter Autoren, vielmehr wurde auch den Adressaten und Adressatinnen Bildung sowohl abverlangt als auch vermittelt.
Altes Testament
Projektleiter: Prof. Dr. Reinhard G. Kratz
Wissenschaftliche Mitarbeitende: Laura Schimmelpfennig, Dr. Peter Porzig
Schriftauslegung in den Texten vom Toten Meer (Qumran)
Das Teilprojekt B 01 widmet sich der Schriftauslegung in den Texten vom Toten Meer, im besonderen der Pescher-Literatur (pNahum, pJesaja, pPsalmen. Die Ziele des Teilprojekts bestehen in der Klärung der folgenden vier Fragen:
1) nach dem Verhältnis der Kommentierung zur Entstehung der biblischen Bücher;
2) nach dem Verhältnis zur übrigen Auslegungsliteratur von Qumran;
3) nach der Einordnung in den historischen Kontext der altorientalischen und hellenistischen Bildungstraditionen und
4) nach der institutionellen Verankerung und Vermittlung der Auslegung als Bildungsgut.
Publikationen (Auswahl)
Neues Testament
Projektleiter: Prof. Dr. Florian Wilk
Wissenschaftliche Mitarbeiter: Konrad Otto, Dr. Dr. Loïc Berge, Christina Bünger, Eduard Käfer
Schriftauslegung als Bildungsvorgang in den Briefen des Paulus
Das TP soll die Verwendung und Auslegung der "Heiligen Schrift" - zumal der Mose-Exodus-Überlieferung - in den Korintherbriefen als Vorgang religiöser Bildung deuten. Dazu sind die Schriftbezüge zu erheben, zu kategorisieren, auf ihre kommunikativen Voraussetzungen hin zu analysieren, in den jeweiligen Argumentationsgang einzuordnen und im Kontext zeitgenössischer Exegese zu profilieren. So lässt sich feststellen, welche Einsichten zu Geltung und Inhalt der Schrift und welche Kompetenz im Umgang mit ihr den Briefadressaten vermit-telt werden - und welchen Beitrag zu ihrer religiösen Identität dieser Bildungsvorgang leistet.
Publikationen (Auswahl)
Christlicher Orient
Projektleiter: PD Dr. Dmitrij Bumazhnov
Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Sofia Fomicheva
Schriftauslegung und religiöse Polemik in syrischen Texten der Spätantike
Das Teilprojekt soll die Zusammenhänge zwischen bibelexegetischen (Ephräm der Syrer, Theodor von Mopsuestia) und antijüdischen polemischen Texten (Aphrahat, Isaak von Antio-chien, Narsai u.a.) vornehmlich bei den christlichen Ostsyrern im 4.-6. Jahrhundert untersuchen. Es wird darauf aufbauend die Bedeutung beider Texttypen für die syrischsprachige christliche Polemik gegen den Islam im 7.-8. Jahrhundert herausarbeiten (v. a. bei Theodor bar Konai, unter Berücksichtigung der antimuslimischen Apokalypsen, Apologien und historiographischen Werke).
Publikationen (Auswahl)
Ägyptologie / Koptologie
Projektleiterin: Prof. Dr. Heike Behlmer
Wissenschaftliche Mitarbeiter: So Miyagawa, Julien Delhez
Schriftauslegung und Bildungstraditionen im koptischsprachigen ägyptischen Christentum der Spätantike: Schenute, Kanon 6
Das TP untersucht Rezeption und Exegese der Bibel an Texten des könobitischen Mönch-tums Ägyptens, zentral den Werken des Abtes Schenute (st. 465). Die Untersuchung zielt darauf, die exegetischen und rhetorischen Strategien des Abtes zu klären, insbesondere die Grammatik und Pragmatik des biblischen Zitats, das Verhältnis zwischen Autor und Rezi-pienten zu erfassen, ihren jeweiligen Bildungsstand zu eruieren und das Zusammenwirken christlicher, pagan-altägyptischer und klassisch-hellenistischer Bildungstraditionen in der exegetischen Praxis Schenutes nachzuzeichnen.
Publikationen (Auswahl)
Jewish Studies
Projektleiter: Prof. Dr. Shlomo Naeh, Hebrew University of Jerusalem, Department of Jewish Thought
Early Rabbinic Hermeneutics: Methods and Development