Forschung - B Interpretationen

Projektbereich B: Interpretationen

Viele religiöse Gemeinschaften beziehen sich mit ihrer Praxis auf als heilig geltende Texte. Diese sind gleichwohl auslegungsbedürftig, und die Wahl des methodischen Instrumentariums kann prekär werden, wenn die Legitimität nicht-religiöser Interpretationstechniken in Frage gestellt wird. Im Mittelmeerraum trafen Auslegungsverfahren der hellenistischen Kultur mit jüdischen und christlichen Hermeneutiken zusammen. Begegnungen, Konflikte und Abgrenzungsversuche führten zu neuen oder klarer definierten Textsorten, Formen und Methoden der Auslegung, die durchaus auch in Synthesen kulminieren konnten. Dabei bedurfte der Umgang mit heiligen Texten nicht nur gebildeter Autoren, vielmehr wurde auch den Adressaten und Adressatinnen Bildung sowohl abverlangt als auch vermittelt.

  • B 01 Schriftauslegung in den Texten vom Toten Meer (Qumran)

    Altes Testament
    Projektleiter: Prof. Dr. Reinhard G. Kratz
    Wissenschaftliche Mitarbeitende: Laura Schimmelpfennig, Dr. Peter Porzig

    Schriftauslegung in den Texten vom Toten Meer (Qumran) 

    Das Teilprojekt B 01 widmet sich der Schriftauslegung in den Texten vom Toten Meer, im besonderen der Pescher-Literatur (pNahum, pJesaja, pPsalmen. Die Ziele des Teilprojekts bestehen in der Klärung der folgenden vier Fragen:
    1) nach dem Verhältnis der Kommentierung zur Entstehung der biblischen Bücher;
    2) nach dem Verhältnis zur übrigen Auslegungsliteratur von Qumran;
    3) nach der Einordnung in den historischen Kontext der altorientalischen und hellenistischen Bildungstraditionen und 
    4) nach der institutionellen Verankerung und Vermittlung der Auslegung als Bildungsgut.

     

    Publikationen (Auswahl)

    • Kratz, R. G. (2018), Religiöse Bildung in der Hebräischen Bibel und in den Texten vom Toten Meer. Eine Gedenkrede zu den Novemberpogromen von 1938, in: P. Gemeinhardt / I. Tanaseanu-Döbler (Hgg.), „Das Paradies ist ein Hörsaal für die Seelen“. Institutionen religiöser Bildung in historischer Perspektive, Tübingen, 51–67.
    • Kratz, R. G. (2017), Die prophetische Literatur, in: H.-J. Simm (Hg.), Aspekte der Bibel. Themen - Figuren - Motive, Freiburg, 242-259.
    • Schimmelpfennig, L. V. / Kratz, R. G. (2019, Hgg.), Zahlen- und Buchstabensysteme im Dienste religiöser Bildung, Tübingen.
    • Schimmelpfennig, L. V. (2019), Wechselspiel zwischen Zahlen und Buchstaben. Akrostichie im masoretischen Psalter am Beispiel der Psalmen 9/10 und 145, in: L. V. Schimmelpfennig / R. G. Kratz (Hgg.), Zahlen- und Buchstabensysteme im Dienste religiöser Bildung, Tübingen.
  • B 02 Schriftauslegung als Bildungsvorgang in den Briefen des Paulus

    Neues Testament
    Projektleiter: Prof. Dr. Florian Wilk
    Wissenschaftliche Mitarbeiter: Konrad Otto, Dr. Dr. Loïc Berge, Christina Bünger, Eduard Käfer

    Schriftauslegung als Bildungsvorgang in den Briefen des Paulus

    Das TP soll die Verwendung und Auslegung der "Heiligen Schrift" - zumal der Mose-Exodus-Überlieferung - in den Korintherbriefen als Vorgang religiöser Bildung deuten. Dazu sind die Schriftbezüge zu erheben, zu kategorisieren, auf ihre kommunikativen Voraussetzungen hin zu analysieren, in den jeweiligen Argumentationsgang einzuordnen und im Kontext zeitgenössischer Exegese zu profilieren. So lässt sich feststellen, welche Einsichten zu Geltung und Inhalt der Schrift und welche Kompetenz im Umgang mit ihr den Briefadressaten vermit-telt werden - und welchen Beitrag zu ihrer religiösen Identität dieser Bildungsvorgang leistet.

     

    Publikationen (Auswahl)

    • Wilk, F. (2019, Hg.), Scriptural Interpretation at the Interface between Education and Religion. In Memory of Hans Conzelmann, Leiden / Boston.
    • Wilk, F. (2019), Schriftauslegung als Bildungsvorgang im ersten Korintherbrief des Paulus – untersucht ausgehend von 1Kor 4,6, in: F. Wilk (Hg.), Scriptural Interpretation at the Interface between Education and Religion. In Memory of Hans Conzelmann, Leiden / Boston, 88–111.
    • Wilk, F. (2019), Durch Schriftkenntnis zur Vollkommenheit. Zur Funktion des vielgestaltigen Schriftgebrauchs in 1Kor 2,6–16 und 14,20–25, in: Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 110, 21–41.
    • Wilk, F. (2017), Bezüge auf „die Schriften“ in den Korintherbriefen; in: F. Wilk / M. Öhler (Hgg.), Paulinische Schriftrezeption. Grundlagen – Ausprägungen – Wirkungen – Wertungen, Göttingen, 149–173.
    • Wilk, F. / Öhler, M. (Hgg.) (2017), Paulinische Schriftrezeption. Grundlagen - Ausprägungen - Wirkungen - wertungen, FRLANT 268, Göttingen.
    • Wilk, F. / Gemeinhardt, P. (Hgg.) (2016), Transmission and Interpretation of the Book of Isaiah in the Context of Intra- and Interreligious Debates, BEThL 280, Leuven u.a.
  • B 04 Schriftauslegung und religiöse Polemik in syrischen Texten der Spätantike

    Christlicher Orient
    Projektleiter: PD Dr. Dmitrij Bumazhnov
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Sofia Fomicheva

    Schriftauslegung und religiöse Polemik in syrischen Texten der Spätantike

    Das Teilprojekt soll die Zusammenhänge zwischen bibelexegetischen (Ephräm der Syrer, Theodor von Mopsuestia) und antijüdischen polemischen Texten (Aphrahat, Isaak von Antio-chien, Narsai u.a.) vornehmlich bei den christlichen Ostsyrern im 4.-6. Jahrhundert untersuchen. Es wird darauf aufbauend die Bedeutung beider Texttypen für die syrischsprachige christliche Polemik gegen den Islam im 7.-8. Jahrhundert herausarbeiten (v. a. bei Theodor bar Konai, unter Berücksichtigung der antimuslimischen Apokalypsen, Apologien und historiographischen Werke).

     

    Publikationen (Auswahl)

    • Bumazhnov, D. F.(im Druck), Jewish-Christian Anti-Paulinism and Merkabah Mysticism around the School of Edessa/Nisibis. Narsai’s Polemics against Deniers of Biblical Studies in Context, in: A.M. Butts / K. Heal / Robert Kitchen (Hgg.), Narsai: Rethinking His Work and His World, Tübingen.
    • Bumazhnov, D. (Übers.) (im Druck), Narsai’s Memra „Against the Jews“, in: A.M. Butts, K. Heal, R. Kitchen (Hgg.), Narsai: The Homilies, Reihe: The Fathers of the Church, Washington D.C.
    • Bumazhnov, D. F.(2019a), Inanspruchnahme von dem syrischen und griechischen Alphabet in der christlichen Polemik gegen die Juden und Heiden im Traktat „Über das Mysterium der Buchstaben“ des Ps.-Sabas, in: L. V. Schimmelpfennig / R. G. Kratz (Hgg.), Zahlen‐und Buchstabensysteme im Dienste religiöser Bildung, Tübingen.
    • Bumazhnov, D. F.(2018), Zwischen Schule und Schweigen. Der hl. Isaak von Ninive und die ostsyrischen „Schulphilosophen“, in: P. Gemeinhardt / I. Tanaseanu-Döbler (Hgg.), „Das Paradies ist ein Hörsaal für die Seelen“. Institutionen religiöser Bildung in historischer Perspektive, Tübingen, 201–219.
    • Bumazhnov, D. F. (2016), Erkenntnis der Wahrheit als absolutes Ende religiöser Polemik. Irenische Theologie des Dionysos Areopagita bei Isaak von Ninive, in: D.W. Winkler (Hg.), Syrische Studien. Beiträge zum 8. Deutschen Syrologie-Symposium in Salzburg 2014, orientalia - patristica - oecumenica 10, Wien, 33-40.
    • Bumazhnov, D. F. (2016), Die Wahrnehmung des christlichen Westens im christlichen Orient am Beispiel der Kirche des Ostens (die sog. Nestorianer) in der sasanidischen und frühislamischen Zeit, in: Carola Föller, Fabian Schulz (Hgg.), Osten und Westen 400-600 n. Chr. - Kommunikation, Kooperation und Konflikt, (Roma Aeterna 4), Stuttgart, 117-132.
    • Bumazhnov, D. / Fomicheva, S.(2019), Der Memra des Narsai „Gegen die Juden“. Einleitung und russische Übersetzung, in: Богословскиетруды49, 2019 (russisch).
    • Fomicheva, S.(2018), Educational Background of Mar Narsai. Between the ‟Tradition of the School” and Theodore of Mopsuestia’s Exegesis, in: P. Bruns / T. Kremer (Hgg.), Studia Syriaca. Beiträge des IX. Deutschen Syrologentages in Eichstätt 2016, Wiesbaden, 61–69.
  • B 05 Schriftauslegung und Bildungstraditionen im koptischsprachigen ägyptischen Christentum der Spätantike: Schenute, Kanon 6

    Ägyptologie / Koptologie
    Projektleiterin: Prof. Dr. Heike Behlmer
    Wissenschaftliche Mitarbeiter: So Miyagawa, Julien Delhez

    Schriftauslegung und Bildungstraditionen im koptischsprachigen ägyptischen Christentum der Spätantike: Schenute, Kanon 6

    Das TP untersucht Rezeption und Exegese der Bibel an Texten des könobitischen Mönch-tums Ägyptens, zentral den Werken des Abtes Schenute (st. 465). Die Untersuchung zielt darauf, die exegetischen und rhetorischen Strategien des Abtes zu klären, insbesondere die Grammatik und Pragmatik des biblischen Zitats, das Verhältnis zwischen Autor und Rezi-pienten zu erfassen, ihren jeweiligen Bildungsstand zu eruieren und das Zusammenwirken christlicher, pagan-altägyptischer und klassisch-hellenistischer Bildungstraditionen in der exegetischen Praxis Schenutes nachzuzeichnen.

     

    Publikationen (Auswahl)

    • Behlmer, H.(im Druck), Schenute. In: Reallexikon für Antike und Christentum.
    • Behlmer, H.(im Druck), „Ein ängstliches und zaghaftes Wesen, seine Schriften farblos und nichtssagend ...": Der ägyptische Klosterabt und Schriftsteller Besa († nach 474) und sein Werk, in: M. Tamcke (Hg.), Profile gelebter Theologie im Orient, Wiesbaden.
    • Behlmer, H. (2017), Differentiating Lexical Borrowing according to Semantic Fields and Text Types - A Case Study. In: Eitan Grossman, Peter Dils, Tonio Sebastian Richter & Wolfgang Schenkel (eds.), Greek Influence on Egyptian-Coptic: Contact-Induced Change in an Ancient African Language (DDGLC Working Papers 1), Lingua Aegyptia Studia Monographica 17, Hamburg, 457-478.
    • Miyagawa, S. / Behlmer, H. / Büchler, M. (im Druck), Computational Analysis of Text Reuse/Intertextuality: The Example of Shenoute Canon 6, in: H. N. Takla u.a. (Hgg.), Proceedings of the Eleventh International Congress of Coptic Studies, Leuven.
    • Miyagawa, S. / Zeldes, A. / Büchler, M. / Behlmer, H. / Griffitts, T. (2018), Building Linguistically and Intertextually Tagged Coptic Corpora with Open Source Tools, in: C. Suzuki (Hg.), Proceedings of the 8th Conference of JapaneseAssociation for Digital Humanities, Tokyo, 139–41.
    • Miyagawa, S.(2018), Textkorpus und grammatische Annotation auf Sahidisch-Koptisch. Fragmente eines Textes des Besa in der Biblioteca Nazionale Vittorio Emanuele III, Neapel, in: Journal of Kijutsuken, Descriptive Linguistics Study Group 10, 271–320.(japanisch)
    • Miyagawa, S.(2017), Das Vokalsystem und die Lautwerte der verdoppelten Vokalgrapheme im Sahidisch Koptischen: Aufgrund der Manuskripte von Kanon 6 des Schenute von Atripe, eines Abtes des Weißen Klosters. Journalof Kijutsuken, Descriptive Linguistics Study Group 9, 173–188. (japanisch)
    • Miyagawa, S. (2017), Koputo Ejiputogo Saido Hogen ni okeru Boin Taikei to Boinji no Chofuku no Onka: Shiro-Shudoincho Atoripe no Shenute ni yoru Dairoku Kanon no Shahon wo moto ni. Gengo Kijutsu Ronshu 9. (Das Vokalsystem und die Lautwerte der verdoppelten Vokalgrapheme im Sahidisch-Koptischen: Aufgrund der Manuskripte von Kanon 6 des Schenute von Atripe, ein Abt des Weißen Klosters. Zeitschrift für Deskriptive Sprachwissenschaft 9).
    • Delhez, J. (2016), "Qui étaient les crocodiles sacrés d'Égypte? Nouveau regard sur Hérodote, II, 68-70". In: Sylvie Peperstraete (ed.), Animal et religion (Problèmes d'histoire des religions, 26), Bruxelles, Éditions de l'Université de Bruxelles, 77-91.
  • assoziiert: Early Rabbinic Hermeneutics: Methods and Development

    Jewish Studies
    Projektleiter: Prof. Dr. Shlomo Naeh, Hebrew University of Jerusalem, Department of Jewish Thought

    Early Rabbinic Hermeneutics: Methods and Development

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